Erkrankungen des Bewegungsapparates
mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. vet. Patrick Blättler Monnier, Frenkendorf.
Die Liste der Ursachen für Gelenkprobleme, Hüftdysplasie (HD), Ellbogendyplasie (ED), Wirbelsäulenerkrankungen, namentlich Bandscheibenvorfälle, Spondylose, Arthrose etc. ist lang.
Ich höre immer wieder: „Ja, es ist halt die Überzüchtung des Schäferhundes, die HD und andere Erkrankungen des Bewegungsapparates hervorruft.“ Das stimmt mich jedes Mal etwas säuerlich. Denn mit der Rasse als solches, haben solche Erkrankungen nur ganz am Rande zu tun.
Eine Rolle spielt bestimmt die Genetik der Elterntiere. Gerade HD kann aber auch aufgrund von Unfällen, Verrenkungen und Knochenbrüchen entstehen.
Ebenfalls begünstigt eine falsche Ernährung v.a. bei heranwachsenen Hunden (Nährstoffzusammensetzung oder minderwertige Nahrung) massiv Gelenks-
erkrankungen.
Des weiteren sollten Überbelastungen bei Welpen und Junghunden vermieden werden.
Wie kann ich gesundheitlichen Problemen des Bewegungsapparates vorbeugen?
Eine starke, gut durchblutete Muskulatur ist das A+O.
Sie bedeutet konkret gut ausgeprägte Rücken- UND Bauchmuskeln.
Sie stützen die Wirbelsäule und geben dem Körper Stabilität im Alltag, Sport oder auch bei Unfällen.
Eine artgerechte Bewegung ist unerlässlich.
Die Betonung hierbei ist mir wichtig. Nicht jeder Hund benötigt dasselbe Training in Form der täglichen Spaziergänge.
- Dackel, Schweisshunde, Schlittenhunde, Beagle und die meisten Terrier benötigen lange und schnelle Spaziergänge.
- Chihuahua, Yorkshireterrier, Bichon, franz. Bulldogge u. a. kleine Hunderassen benötigen lange und langsame Spaziergänge
- Windhunde benötigen wiederum kurze und schnelle Spaziergänge
- Mops und schwere Hunderassen, wie Bernhardiner, Landseer, Leonberger, Neufundländer etc. brauchen kurze und langsame Spaziergänge
- Schäferhund, Bracke, Setter, Magyar Vizsla, Rhodesian Ridgeback benötigen eher Laufen, Joggen und Radfahren
Achtung: nur bei völliger körperlicher Gesundheit!
Schwimmen ist zusätzlich ein sehr wohltuendes Training, welches die Muskulatur gelenkschonend kräftigt und erst noch zahlreichen Hunden riesigen Spass bereitet.
Jedoch bitte nur in kleinen Etappen, von anfangs wenigen Sekunden/Minuten – unter physiotherapeutischer Aufsicht arbeiten!
Eine ausgewogene, artgerechte Ernährung, deren Nährstoffzusammensetzung auf die Bedürfnisse des Hundes angepasst ist, sind entscheidend für das Wachstum aber auch die Versorgung von Gelenken und Organen.
Aufgrund der Anatomie gibt es keinen Zweifel: der Hund ist ein Fleischfresser. Seine Organe sind auf den Verzehr von Fleisch ausgerichtet. Futter ist der Kraftstoff der Zellen und nur wenn dieser Kraftstoff rein und auf den Hund angepasst ist, kann dieser als Organismus funktionieren.
Mehr dazu unter Hunde- und Katzenernährung.
Extrembelastungen, besonders bei Risikorassen (v.a. grossrahmige, lange oder schwere Hunde) sollten Sprünge aus grossen Höhen, Anspringen, wie im Schutzdienst weitgehendst vermieden – oder nur mit grosser Vorsicht ausgeübt werden.
Um die Muskulatur optimal zu stärken, sind Wanderungen oder Schwimmlektionen bestimmt die sinnvollere Auslastung.
Warm-up vor Aktivitäten
Zur Prophylaxe von Erkrankungen am Bewegungsapparat ist es wichtig, ein vorgängiges Aufwärmen durchzuführen.
Im Hundesport oder auf Turnieren sehe ich es leider nur ganz selten, dass die Hundemuskulatur aufgewärmt wird.
Cool-Down
Für uns ist es selbstverständlich, nach dem Joggen zu Dehnen.
Beim Hund scheint diese Selbstverständlichkeit leider noch nicht angekommen zu sein. Ein kurzes Stretching der wichtigsten Muskelgruppen beugt Verletzungen vor und lässt die Muskeln geschmeidig bleiben.
Beim Welpen und Junghund möchte ich jedem Tierbesitzer zusätzlich ans Herz legen:
- Lange Spaziergänge mit einem Welpen, stundenlanges Wandern mit Junghunden, Radtouren ohne sorgsamen, kontinuierlichen Aufbau belasten den Bewegungsapparat enorm und führen später leider sehr oft zu Erkrankungen desselbigen.
Radtouren, grosse Wanderungen oder Agility sollten erst ab ca. 14 Monaten gemacht werden.
Randbemerkung zu Radtouren
Immer wieder begegne ich Hundebesitzer, die voller Freude mit ihrem Hund Radfahren gehen – jedoch nicht bemerken, dass ihr Hund die ganze Zeit im Galopp mitspringt.
Die natürliche, schnelle Fortbewegung des Hundes ist der Trab. Sobald Ihr Hund galoppiert, läuft er an einer gesundheitsschadenden Grenze, welche Gelenke unnötig strapaziert.
Wählen Sie deshalb ein für den Hund angenehmes Tempo und prüfen Sie, ob die Distanz Ihren Hund zu sehr fordert. Vorteilhaft ist mit einer kleineren Radtour zu beginnen und dann allmählich die Strecke zu erhöhen.